Studie: Wahlrecht von wohnungslosen Menschen

Analyse: Wahlrecht von wohnungslosen Menschen

von Prof. Dr. Michael Krennerich ist jetzt abrufbar

Das Wahlrecht ist das zentrale Recht der Staats­bürger_innen im demokratischen Rechtsstaat. Es gewährleistet ihre Beteiligung an der Gestaltung des Gemeinwesens und die demokratische Legitimation politischer Entscheidungen.

Das Grundgesetz sichert das aktive und passive Wahlrecht als politisches Grundrecht. Internatio­nale Menschenrechtsverträge wie der Interna­tionale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das Zusatzprotokoll zur Europäischen Men­ schenrechtskonvention garantieren es als Men­ schenrecht. Es ist das einzige Menschenrecht, das allein den eigenen Staatsangehörigen zusteht. Dies liegt darin begründet, dass das Wahlrecht mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt untrennbar verbunden ist: Wer gewählt wird, wirkt unmittelbar bei der Gesetzgebung (oder bei der Schaffung verbindlicher Normen auf kommuna­ ler Ebene) mit. Wer wählt, wirkt hieran über die Gewählten mittelbar mit. Das Individualrecht auf Beteiligung an der Entscheidung über Zukunftsfra­ gen der lokalen, staatlichen und globalen Gemein­ schaft ist Grundlage des kollektiven Rechts auf Selbstbestimmung und Mittel zu seiner Ausübung.

Sind einzelne gesellschaftliche Gruppen nicht poli­tisch repräsentiert, besteht die Gefahr, dass auch ihre Sichtweisen, Bedarfe und Anliegen im politi­schen Aushandlungsprozess unberücksichtigt bleiben. Ungleichheiten im Zugang zu politischer Beteiligung und Mitgestaltung können daher auch die Legitimität demokratischen Regierens schwä­chen. Vor diesem Hintergrund wurden und werden hierzulande Debatten um die Reichweite und Forde­rungen nach der Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten geführt. Bisher ging es dabei vor allem um den rechtlichen Ausschluss ganzer

Bevölkerungsgruppen, etwa um die Forderung nach einem Wahlrecht für ausländische Staats­angehörige auf Bundes­, Landes­ und/oder kom­ munaler Ebene, um den Ausschluss bestimmter Menschen mit Behinderungen vom Wahlrecht oder um das Wahlrecht von Minderjährigen. Andere Debatten beziehen sich auf rechtliche Instrumente zur Sicherung der gleichen Repräsen­ tation von Frauen in Parlamenten (Parität) oder – breiter gefasst – von diskriminierten Gruppen. Alle diese Debatten über Ausschlüsse und Reprä­sentationsdefizite können, wenn auch in unter­ schiedlichem Maße, an menschenrechtliche Verpflichtungen des Staates anknüpfen.

Aus menschenrechtlicher Perspektive ist indes auch zu fragen, ob die gegenwärtig anerkannten Inhaber_innen des Wahlrechts ihr Grund­ und Menschenrecht ausüben können. Bestehen für einzelne Gruppen von Wahlberechtigten rechtliche oder tatsächliche Zugangshindernisse und wenn ja, wie können diese überwunden werden? Men­schenrechtlich geboten ist es, dabei besonders marginalisierte Bevölkerungsgruppen in den Blick zu nehmen.

Aus diesem Grund widmet sich die vorgelegte Analyse der Frage nach dem Wahlrecht wohnungs­ loser Menschen, und hierbei besonders auch derjenigen, die obdachlos sind und daher keine Meldeadresse haben. Zwar fehlen – wie die Ana­lyse zeigt – vertiefte und flächendeckende empiri­sche Erkenntnisse zur Praxis der Wahlregistrierung und der Wahlrechtsnutzung, zu Informations­ und Unterstützungsleistungen und zur Sicht der Betrof­fenen. Jedoch lassen die Einschätzungen aus der Praxis erkennen, dass in allen Feldern Verbesse­rungsbedarf besteht.

 

Die gesamte Studie finden Sie hier.